"Seele von Afrika"

Donnerstag, 22. Dezember 2011

21.12.2011 Weitere Verluste und andere Verwahrlosungen ...

Sommeranfang in Botswana!
Wie üblich sitzen wir morgens um 7.00 Uhr bei einem leckeren Tässchen Pulverkaffee mit Pulvermilch unter freiem Himmel beim Frühstück. Die Temperaturen lassen bereits nicht mehr als ein Top und kurze Hosen zu. Dabei erfahre ich, dass die Unfallgefahr für einen Rotelianer beim Zubettgehen höher sein kann, als man annehmen sollte. Eine Mitreisende aus dem Schwabenland und von uns heimlich "Sepia" genannt, da sie nie beim Auf- und Abbau mithilft, hatte ihrer allabendlichen Gewohnheit gefrönt, diesen mit mindestens zwei, drei Bechern Rotwein zu beschließen. Offensichtlich waren es letzte Nacht wohl doch mehr Gläser gewesen, denn sie fiel direkt aus der obersten "Bettetage", als sie in ihr Nachtlager einsteigen wollte. Dabei riss sie auch gleich den gesamten Vorhang von ihren sechs umliegenden Bettnachbarn mit ab und polterte auf die aufgeklappte Rampe. Ich hatte den Vorfall verpasst, da ich mit dem "harten Kern" unserer Truppe erst später Einzug im Rotel gehalten hatte, was bei den Frühschläfern auch nicht gerade auf allergrößte Freude stieß.

Eine Stunde später besteigen wir zwei bereitgestellte Landrover, die uns zu unserer Zeltnacht im Dschungel bringen sollen. Nach einer eineinhalbstündigen, äußerst abenteuerlichen Pistenfahrt treffen wir auf zwölf Schwarzafrikaner, die unsere ständigen Begleiter die kommenden 24 Stunden werden. Mit urtümlichen Booten, den "Mokoros", werden wir in einer zweistündigen Fahrt in das einzigartige und unendlich groß erscheinende Okavango-Delta gebracht. Direkt unter uns die Krokodile wissend, schaukeln wir an schilfbewachsenen Ufern vorbei und bewundern dabei ein millionenfaches Meer von weißen und blauen Seerosen. Was für ein unfassbar schöner Anblick! Doch wer sich hier einmal in diesem Labyrinth von unzähligen Flussläufen verirrt, der findet nie mehr heraus. Wir kommen jedoch alle an unserem Landeplatz an, selbst unser Großwildjäger sitzt trocken und vergnügt in seinem Einbaum. Allerdings stolpert er ungünstig beim Ausstieg und fällt rücklings mitten ins Delta. Seinen farbigen Führer, der ihn retten will, reißt er dabei fast auch mit hinein.

Rasch wird das Nachtlager auf einer Lichtung errichtet, damit wir endlich zu unserem Wildbeobachtungsspaziergang starten können. Die Sepia und ich müssen wie immer noch mal kurz auf's "Klo" und verschwinden schnell im Busch. Wir wählen einen dicht bewachsenen Baum als Sichtschutz, doch noch bevor ich überhaupt begreife was los ist, höre ich vor mir nur einen erstickten Schrei und pralle frontal mit der Sepia zusammen. Ihr vorsichtig über die Schulter schauend, entdecke auch ich die grün glänzende Schlange, die sich direkt vor uns von einem Ast abseilt. An dieser Stelle gab es mich das erste Mal seit Beginn dieser Reise total schweigend. Mir kam kein Mucks mehr über die Lippen. Selbst zur Steinsäule erstarrt greift meine Reisegefährtin geistesgegenwärtig ihre Kamera und macht ein rasches Foto von der Schlange, bevor wir beschließen, einen anderen Baum zu wählen.
Im Lager zurückgekehrt zeigen wir das Schlangenfoto unserer Reiseleiterin, die relativ trocken bemerkt, dass es sich zweifelsfrei um eine giftige Baumschlange handelte.

Ich mache es kurz mit dem Wildbeobachtungsspaziergang:
Alles, was wir dabei im Dschungel entdeckten waren unzählige Tierspuren von Wasserbüffeln, Elefanten, Warzenschweinen und Hippos. Und deren Scheiße. Das alles durchschritten wir in einem dreistündigen Marsch bei gefühlten 45 Grad im Schatten. Begleitet wurden wir dabei stets von den "Little Five": Termiten, Spinnen, Raupen, Blutegeln und Moskitos.
Unsere Verluste beliefen sich dabei auf zwei Rotelianer:
Zum einen wollte ich für den liebsten Menschen der Welt ein schönes Blatt vom "Butterflytree" pflücken und stürzte dabei in das Loch eines Ameisenbären. Glücklicherweise hielt gerade keine weitere Schlange ihren Mittagsschlaf da drin und auch meine Knöchel blieben unverletzt.
Zum anderen befindet sich in unserer Gurkengruppe eine etwas ältere Hessin, die nicht nur mit ihrem Dialekt nervt, sondern auch damit, dass sie bereits die ganze Welt bereist hat. Als beratungsresistente "Weltreisende" ist sie somit auch die einzige, die keinen Kopfschutz und auch kein Wasser bei dem langen Marsch dabei hat. Am Ende legte sie für uns dann immerhin einen filmreifen Kreislaufkollaps hin mit einem totalen Zusammenbruch.

Als das traumhafte Okavango-Delta von der Dunkelheit der Nacht verschluckt wird, sitzen wir mit unseren lieben einheimischen Führern am Lagerfeuer und trinken Rotwein, während wir ihren urheimischen Gesängen lauschen und uns an ihren afrikanischen Tänzen ergötzen. Zum Schluss singen wir gemeinsam die Hymne von Botswana und bedanken uns mit dem einzigen deutschen Lied, was wir letztendlich zustande bekamen:
"Nachts auf der Reeperbahn um halb eins ...!"

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