Ein neuer Tag bricht an indem wir von den verschiedensten Vogelgesängen geweckt werden, die sogar das eintönige Schnarchen unserer männlichen Reisegefährten überdecken. Uns steht ein heißer Tag von angesagten 37 Grad bevor. Fröhlich sitzen alle Rotelianer um 7.00 Uhr draußen beim spartanischen Frühstück. Alle Rotelianer? Nein! Der Großwildjäger fehlt! Niemand hatte ihn seit 6.00 Uhr morgens mehr gesehen. Da er kein Kostverächter ist und sicherlich niemals ein Frühstück ausfallen lassen würde, fangen wir langsam an uns Sorgen zu machen. Nachdem er selbst kurz vor der geplanten Abfahrt um 8.00 Uhr immer noch nicht da ist, schwärmen wir aus um nach ihm zu suchen. Allerdings befinden wir uns mitten im Busch, der dicht von Akaziensträuchern bewachsen ist, die mit ihren langen, scharfen Dornen kaum ein Durchkommen zulassen. Ein Schritt hinein und schon sieht alles gleich aus. Zudem herrscht hier Schlangen- und Skorpiongefahr. Unsere Suche bleibt erfolglos. Charly, unser Busfahrer, eilt zur Campleitung, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Doch in dem Moment erfahren wir dort, dass unser Großwildjäger weit draußen, fernab vom Lager, von Einheimischen aufgegriffen wurde, nachdem er Hilferufe abgegeben hatte. Ich fahre mit der sogleich gegründeten Rettungsdelegation im offenen Jeep hinten auf der Pritsche mit, um unseren Buschhelden wieder einzusammeln. Die Fahrt entpuppt sich allerdings als ein Abenteuer, da wir nun selbst ständig den scharfen Dornen der Akazien ausweichen müssen, die um uns herum peitschen. Wie gesagt, Erholungsurlaub hatten wir ja nicht gebucht. Unser verlustiger Großwildjäger trug von seinem kleinen Ausflug einen tiefen Schmiss auf der Nase und eine Handverletzung mit davon. Die Retter hatten zerkratzte Arme und eingerissene T-Shirts, aber die Gurkentruppe ist nun wieder komplett! Halali!
Erschöpft und außerordentlich brav sitzen wir nun im Bus und bewundern die einsame Buschlandschaft auf dem Weg nach Maun. Die kleine Stadt mitten im Zentrum des Ngami-Landes und Heimat des Tswana-Stammes wird auch das "Tor zum Okavango-Delta" genannt. Während der langen Fahrtzeit stelle ich dabei zufällig fest, dass mein Sitznachbar ein Tropenarzt ist. Das trägt jedoch keineswegs zu meiner allgemeinen Beruhigung bei, denn er ist der einzige, der kein Moskitonetz dabei hat und mich bereits auf Knien um Malariatabletten anbettelte, da er in mangelnder Vorbereitung auf die Expedition glaubte, diese nicht zu benötigen. Denn dann wüsste er ja, dass wir ab heute in die extremen Malariagebiete einreisen, wo uns sicherlich durch den verfrühten Regen der letzten Wochen die Moskitos bereits zähnefletschend erwarten.
Am frühen Nachmittag erreichen wir durchgeschüttelt wie immer auf der Linksverkehrpiste das Städtchen Maun.
Und nun ist es soweit: tollkühne Buschpiloten erwarten uns in ihren 5-Sitzer Einpropellermaschinen.
Unsere Gruppe wird von Tyron, dem Teufelskerl aus Südafrika betreut. Dieser Flug über das traumhaft schöne Okavango-Delta wird für mich stets unvergessen bleiben! Soweit das Auge reicht, schlängeln sich unzählige, dicht begrünte Flussläufe durch die ansonsten vollkommen trockene Kalahari-Wüste, während der Horizont einen einzigen geraden Strich bildet. Dschungel pur!
Tyron fliegt mehrfach extreme Kurven, um uns besser wilde Elefantenherden, Wasserbüffel und vor allen Dingen Flusspferde zeigen zu können. Auch Antilopen und sogar zwei Nashörner waten durch das größte Binnendelta unserer wunderbaren Erde.
Allerdings scheinen wir alle währenddessen hin und wieder mit unseren kürzlich zu uns genommenen Mageninhalten kämpfen zu müssen. Dass der neben mir sitzende Tropendoc sich kreidebleich an mir festkrallt, trägt auch nicht gerade zu meiner Entspannung bei.
Abends fahren wir noch mal nach Maun, um Lebensmittel für unser Nachtlager außerhalb der Stadt einzukaufen.
Dass unser morgens erst gerettete Großwildjäger beim Aussteigen aus dem Rotel um ein Haar von einem Auto überfahren wurde, soll hier nur noch kurz am Rande erwähnt werden. Ob wir ihn tatsächlich lebend bis zum Ende der Reise durchkriegen können, ist mittlerweile wohl noch fraglich.
Beim Abendessen stellen wir erleichtert fest, dass wir immer noch 17 Rotelianer sind.
Mal sehen, ob wir morgen Abend rechnerisch auch noch auf das gleiche Ergebnis kommen, denn dann werden wir direkt im Dschungel im Zwei-Mann-Zelt, selbstverständlich ohne Wasser oder Strom übernachten.
Gute Nacht, Botswana!
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